21. Travia 1011 BF, Efferd-Stunde, Berg Finsterkopp
Bei unserer allgemeinen Erkundung der Ausläufer des Finsterkamms, war natürlich der Berg
Finsterkopp auch eines unserer Ziele. Wir folgten einem Serpentinenweg den gewaltigen Berg hinauf, dessen Gipfel in den Wolken lag. Der Aufstieg allein dauerte Tage. Wir erhofften uns vom Gipfel eine fantastische Aussicht über die Umgebung und vielleicht noch den ein oder anderen verschlungenen Pfad, den man womöglich nur von hier oben aus sehen konnte.
Leider hatte das einsetzende Herbstwetter den Kopf von Erinnila und Swanja wie in Watte gepackt, was laut Rhenaya auf
Dumpfschädel schließen ließ. Auf der Spitze des Finsterkopps fanden wir dann aber das größte Harpyiennest, das je ein Aventurier zu Gesicht bekommen hat! Dutzende von diesem namenlosen Federvieh hockten oder kreisten dort umher. Und das waren nur die, die wir sahen. Das Nest selbst war ein Ort des Grauens: Unmengen an zerrissenen, zerschlissenen und zu Nestmaterial umfunktionierten Roben und Gewändern, verrieten, dass die umliegenden Knochen nicht ausschließlich von Tieren stammten. Zwischen Gerümpel, Harpyieneiern und der kreischenden Brut, erblickte man hin und wieder auch etwas Brauchbares in Form von Waffen, Schmuck und anderen interessanten Dingen. Über die Jahre hinweg hatten die Biester Unmengen an Beute hier hoch geschleppt, wodurch ein richtiger Hort entstand. Womöglich hätten wir uns zu dem Zeitpunkt noch wegschleichen können, doch Gurbosch hasste alle namenlose Brut.
Er bespritzte seine Berserker Orknase mit dem übelsten Waffengift, das er in seinem Rucksack finden konnte.
Kukris, auch 'Königsmacher' genannt, aus der Mirhamer Seidenliane, stand auf dem Wehrheimer Index und sein Gebrauch war eigentlich in allen zivilisierten Gegenden strafbar, was den Zwerg aber hier oben auf dem Finsterkopp nicht im Geringsten störte. Swanja tat es ihm gleich und wählte
Krötenschemelgift, das bei ihren Opfern Magenkrämpfe und Erbrechen auslösen würde.
Mit gifttriefenden Äxten warfen sie sich in den Kampf und zertraten mit ihren schweren Stiefeln so viele Harpyienjungtiere und Eier wie sie nur konnten, wodurch sie so ziemlich alle Harpyien des Finsterkopps aufgescheucht hatten! Von allen Seiten wurden wir umringt und auch aus der Luft stürzten sich die Chimären auf uns, so dass sich gar der Himmel über uns verdunkelte. Der Ambosszwerg ließ seinem Berserkerrausch freien Lauf und auch Swanja verfiel ebenfalls in ihren Wellenkrampf. Es regnete Blut, Federn und Gedärme! Der Tod war auf dem Berg.
Gerbod versuchte so viele Gegner auf sich zu ziehen wie er konnte. Vor lauter gefiederten Leibern war der Krieger mit seinem Zweihänder des Windes kaum noch zu sehen, während die Badoc-Elfe starr vor Angst war und offenbar überhaupt nicht mehr verstand wo sie da gerade reingeraten war. Ich und die Rhenaya versuchten uns im Zentrum zu halten, aber immer wieder brachen Harpyien durch unsere kämpfenden Gefährten. Die Thorwalerin, die durch ihren Kraftgürtel eh schon über ogerhafte Kräfte verfügte, entkorkte zusätzlich noch ein Körperkraft-Elixier, was ihre Muskeln noch weiter anschwellen ließ! Das Gesicht zur Faust geballt metzelte sie sich mit ihrer Doppelaxt durch Fleisch und Knochen!
Harpyiennest auf der Spitze des Finsterkopps
Gurbosch wütete derart wild, dass er sogar seine vergiftete Orknase verlor, als er gerade auf einigen Harpyieneiern ausrutschte! Der rasende Zwerg zog instinktiv seine Zweitwaffe, den
Silberstreitkolben den er damals in Thorwal in einer verfallenen Herberge zwischen
Ottarje und
Daspota gefunden hatte. Mit wuchtigen Schlägen zerklopfte er gefiederte Brüste und Chimärenschädel. Dabei verfiel er in stetig lauter werdendes Brummen oder Knurren, das jeden normalen Gegner in Angst und Schrecken versetzt hätte. Nicht aber die irren Harpyien-Weiber.
Die Kriegshexe verfiel in irres Gekreische und ließ einen fliegenden Prügelbesen nach dem anderen los, die auf alles einschlugen was über ihnen am Himmel kreiste! Dabei kanalisierte sie fast alle ihre Zauberkraft in die Zauberdauer, da klar war, dass dieser Kampf lang dauern würde. Sie stopfte sich noch irgendwelche Kräuter in den Rachen, darunter wohl auch Gulmond, was vorübergehend ihre Kräfte aufputschte. Mit ihrem
Goldenen Schild, den sie in Thorwal aus einem Tempel des Namenlosen geborgen hatte, wehrte sie die Angriffe der Chimären ab und ließ deren Leiber immer wieder gegen den Schild krachen nur um dann schnell selbst mit ihrem Dolch immer wieder zuzustechen. Gefolgt von ihren Kriegsschreien!
Gerbod trank eines seiner Mut-Elixiere um nicht zu verzagen ob der Übermacht die ihm hier gegenüber stand. Bei einer derartigen Überzahl an Feinden konnte oder besser gesagt musste er sich auf seine Rüstung verlassen. Er stieg auf die ersten bereits aufgetürmten Körper der Furien und schlug wild aber dennoch gezielt um sich. Er wollte wohl sichergehen, dass Rondra oder zumindest Kor ihn in diesem Kampf auf seiner leicht erhöhten Position nicht übersehen konnten.
Da genug Knochen früherer Beute der Harpyien rumlagen, ließ ich diese mit untotem Leben auferstehen. Ich ließ sie ALLE auferstehen! Bei
Thargunitoth, das Schlachtfeld wogte vor modernden Knochen, die unter meiner Kontrolle standen. Und ich befahl ihnen zu töten, zu TÖTEN! Meine Skelette bildeten um mich herum einen Wall aus Knochen, und toten Schädeln. Die vogelkotverkrustete Erde brach auf und weitere Untote krochen daraus hervor um sich meiner Armee der Toten anzuschließen. Seit langer Zeit spürte ich wieder so etwas wie schwindende astrale Macht, ein Gefühl, das ich schon fast vergessen hatte. Ich griff zu meiner Alchemisten-Tasche und trank einen Zaubertrank nach dem anderen, jeweils in einem zug. Ich hatte noch etliche aus Thorwal übrig. Das Kräfteverhältnis war durch meine unzähligen Knochenkrieger nun annähernd ausgeglichen. Aber das genügte noch nicht! Inmitten der tobenden Schlacht beschwor ich einen Heshthot nach dem anderen. Die
Schwarzen Kutten erhörten aus den Niederhöllen meinen Ruf. Niedere Dämonen entstiegen dem Sulphurdampf und gehorchten meinem Befehl! Die
Söhne des Blakharaz mussten sich nicht an die Gesetze Deres halten. Sie stiegen mit ihren kräftezehrenden Peitschen und schwarzen Schwertern empor in die Lüfte zu den Harpyien, die nun immer irrer zu werden schienen. Die Chimären stürzten sich ebenfalls auf meine Untoten und Dämonen. Erstere machten sie nieder, Skelett für Skelett, aber gegen meine insgesamt fünf
Aschegeister konnten sie mit ihren mundanen Krallen und Schnäbeln nichts ausrichten. NICHTS!
Die Schlacht wandelte sich zusehends zu unseren Gunsten. Aber es kamen immer mehr Harpyien-Schwärme aus dem Finsterkamm heran. Der vor Blut triefenden Hexe wurde es zu viel. Mit ihrer letzten Zauberkraft wirkte sie einen Harmlose-Gestalt-Zauber, den die Harpyien aber offenbar durchschauten oder einfach ignorierten, da sie einfach alles und jeden angriffen, egal wie harmlos oder beeindruckend der Gegner aussah. Erinnila wirkte einen mächtigen Armatrutz (RS+5), befreite sich aus ihrer Schockstarre, wechselte ihre Waffe und griff nun ebenfalls an. Sie stellte sich schützend über die am Boden kauernde Hexe. Mit ihrem unheiligen Spinnenbiss-Speer hatte sie eine gute Reichweite um auch jene Biester über ihr abzustechen, wobei eine Verletzung reichte um diese gelähmt zu Boden stürzen zu lassen. Wir waren endlich am Gewinnen!
Ich aktivierte ebenfalls einen schlummernden Armatrutz (ebenfalls RS+5) in meinem Grünen Stirnreif, der noch mindestens fünf derartige Ladungen hatte. Die Elfe hatte bisher die meisten Treffer einstecken müssen und musste zwischendurch einige ihrer alten orkischen Heiltränke zu sich nehmen. Dann zauberte die Auelfe einen
Axxeleratus Blitzgeschwind, wodurch sie sich nicht nur doppelt so schnell bewegen konnte, sondern auch viel schwerer für ihre Gegnerinnen zu treffen war und diese wiederum den Angriffen der Elfe schwerer ausweichen konnten. Sie wirkte diesen Bewegungszauber auch auf Gerbod, Gurbosch und Swanja, ja sogar auf die rote Hexe. Wir bewegten uns so schnell durch unsere Feinde, dass Kor lachte!
Harpyien-Gemetzel mit untoter Unterstützung
Dann kam die Brutmutter. Eine doppelköpfige Harpyie mit vier Brüsten und zwei Flügelpaaren betrat nach mehr als einer Stunde des Gemetzels das Schlachtfeld! Wohl eine Perversion ihrer eh schon pervertierten Chimären-Natur (wohl ein Bug, da zwei Harpyien auf demselben Feld standen). Wenn sie mit ihrem Gekreische den anderen irgendwelche Befehle gab, waren sie für uns nicht verständlich. Aber die meisten Harpyien lagen bereits vor Kukrisgift zuckend und sterbend am Boden oder kotzten sich durch Swanjas Gift die verderbte Seele aus dem Leib und krümmten sich vor Schmerzen und klaffenden Wunden. Die Rote war bereits astral völlig entkräftet und kroch nur noch von Chimäre zu Chimäre um denen am Boden mit ihrem Dolch den Todesstoß zu verpassen. Aber Gerbod, Gurbosch und Swanja stellten sich der Brutmutter mutig entgegen, während Erinnila sich zurückfallen ließ.
Ich war genug damit beschäftigt nicht die Kontrolle über meine Dämonen zu verlieren, nicht dass diese sich noch gegen uns wenden würden, oder gar ein Gehörnter auftauchen würde, von all dem Tod und Blut angelockt. Die Brutmutter schleuderte den Zwerg fast über einen Abgrund, während die beiden Köpfe der Kreatur sich in unterschiedliche Richtungen wandten, so dass es unmöglich war, das asfalothische Ding in die Zange zu nehmen. Gerbod ließ seinen Zweihänder rotieren, dass selbst
Raidri Conchobair der Schwertmeister anerkennend genickt hätte. Und die Thorwalerin, immer noch ausgestattet mit der Kraft zweier Ogerinnen, warf sich einfach direkt auf die doppelköpfige Widerwärtigkeit! In ihrer Walwut gab sie der doppelköpfigen Brutmutter erst Kopfnuss und riss ihr dann den ersten Kopf ab, während Gerbod sein Zweihandschwert fast bis zum Anschlag der Parierstange in das wabbelnde Fett einer der vier Brüste trieb. Und Gurbosch sprang dem Feind von hinten auf den Rücken und verbiss sich mit blutigem Bart in deren Flügelpaar, so dass er die mittlerweile nur noch einköpfige Brutmutter nun gänzlich zu Boden zwang. Dann wurde es richtig hässlich. Minutenlang hackten die Kämpfer der Helden des Nordens auf die immer noch zuckende Brutmutter ein, bis diese sich endlich nicht mehr bewegte. Wir hatten gesiegt!
So ziemlich alle Harpyien des gesamten Finsterkamms lagen zerhackt in ihrem Gefieder, ihren Innereien und in ihrem Blut zu unseren Füßen. Die Elfe hatte ja seit zwei Jahren schon einiges mit uns mitgemacht, aber nun war sie völlig verstört und wird vermutlich einen bleibenden geistigen Schaden von der Greul dieses Kampfes davon tragen.
Gurbosch wrang sich nur den blutigen Bart aus und puhlte sich die Federn aus seinem Zwergenharnisch. Dabei schaute sich der Zwerg um, ob er irgendwelche Harpyieneier übersehen und noch nicht zertreten hatte, nur um das dann sogleich nachzuholen. Dabei knurrte er die Namen seiner unzähligen Vorfahren und widmete jedem ein zertretenes Chimären-Ei.
Gerbod schüttelte einfach nur entrückt den Kopf und Swanja brauchte noch etwa eine weitere Stunde um wieder aus ihrer Walwut runter zu kommen und um mit den Nebenwirkungen des abklingen Körperkrafttrankes klarzukommen. Nur mit größter Selbstbeherrschung konnte sie sich derweil beherrschen und um nicht einfach uns anzugreifen, da keine anderen Feinde mehr da waren. Mit zitterndem Leib schritt sie über das Schlachtfeld und rief nach Swafnir und weiteren Feinden, die nicht kamen.
Der Roten standen die Tränen in den Augen, aber sie lächelte zugleich und klopfte mir anerkennend auf die Schulter, während ich diese Zeilen mit noch frischem Harpyienblut schreibe, bevor meine Erinnerungen an den epischen Kampf verblassen.
Im Hort fanden wir eine schön verzierte elfische Flöte und auch einen Elfenbogen, dessen Sehne jedoch gerissen war. Es war also offensichtlich, dass auch ein Elf oder eine Elfin zu den Opfern der Harpyien gehörte. Gurbosch fand noch zwei blaue Edelsteine und sammelte alles an Gold- und Silberschmuck, was er im Hort finden konnte. Auch einige Tränke waren darunter, so dass hier vermutlich auch ein Alchemist unter den Toten war. Anhand des orkischen Schmucks war zu vermuten, dass mindestens ein Drittel der Opfer Orks gewesen waren. Das schönste war aber, dass wir auch ganze fünf Flaschen Wein im Hort fanden, mit denen wir uns zwischen Blut und Federn so richtig volllaufen ließen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Barden des Mittelreichs und die Skalden Thorwals von diesem Kampf erfahren würden. Wir waren Helden - Die Helden des Nordens.